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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Tamás Miklôs, Die Geschichtsphilosophie Walter Benjamin's

Für Miklôs geht es bei Benjamin um die Möglichkeiten, den Zwang und die Grenzen der Interpretation von Geschichte. Dabei lehnt Benjamin die Idee einer objektiven Geschichte, bzw. des Fortschritts ab. Geschichte ist für ihn eine Art Beute, die demjenigen gehört, der sie erobert. Nur ein von uns selbst interpretiertes Leben ist ein eigenes Leben. So wird der Kampf um die Geschichte zu einem buchstäblichen Kampf um Leben und Tod. Ungedeutete Geschichte gibt es dabei nicht, irgendwer interpretiert immer und sind es nicht wir, dann sind es die anderen. Jedes Stück der Vergangenheit ist nachträgliche Interpretation. Jeder Interpret konstruiert eine eigene Vergangenheit, gibt ihr Sinn. Jeder Mensch besitzt eine ‚schwache messianische Kraft‘ insofern er ein Bruchstück der Vergangenheit zur Erlösung aus deren Sinnlosigkeit führt. Die Kraft des wahren Messias aber ist es, dass er die Interpretation von allem öffnet. Alles deuten kann nur der, für den die Jetztzeit nicht endlich ist, sondern ewig. Er gibt der ganzen Vergangenheit Sinn. Universalgeschichte ist darum für Benjamin nur als Heilsgeschichte denkbar.

Jürgen Czogalla, 06.05.2017